Königlich preußische Ostbahn.
Das ist der frühere Name der ältesten preußischen, durch das Gesetz vom 7. Dezember 1849 genehmigten Staatsbahn. Die insgesamt rund 750 km lange Preußische Ostbahn war damit die erste bedeutende Eisenbahnlinie der Preußischen Staatseisenbahnen. Die Betriebsaufnahme des ersten Abschnitts erfolgte im Jahre 1851.
Die Ostbahn erschloss die früher preußischen Gebiete östlich Berlins mit den Städten Danzig, Königsberg, Bromberg, Thorn sowie den an der russischen Grenze gelegenen Städten Eydtkuhnen und Alexandrowo. Die klassische Ostbahnstrecke Sie führte dabei vom alten Berliner Ostbahnhof am Küstriner Platz über Küstrin, Kreuz, Schneidemühl, Dirschau und Königsberg (Preußen) bis Eydtkuhnen an der preußisch-russischen Grenze.
Die Ostbahn spielte in der Geschichte der preußischen Eisenbahnpolitik eine entscheidende Rolle. Im Gegensatz zu den meisten anderen preußischen Bahnen war sie von vornherein als Staatsbahn gebaut, weil sich für eine Bahn in die realitiv dünn besiedelten Gebiete des früheren deutschen Ostens keine privaten Investoren gefunden hatten. Für die Entwicklung des wirtschaftlichen Lebens in den östlichen preußischen Provinzen sowie für die Landesverteidigung hatte die Bahn eine große Bedeutung. Trotz der Zusicherung bedeutender Staatsbeihilfen gelang es nicht private Investoren zu gewinnen. Deshalb unterbreitete die preußische Regierung dem Vereinigten Landtag im Jahre 1847 eine Vorlage über den Bau der Ostbahn auf Staatskosten. Diese Vorlage wurde aus politischen Gründen abgelehnt, die bereits begonnenen Arbeiten eingestellt. Erst nach Einführung der Verfassung wurde die Ostbahn durch oben erwähntes Gesetz genehmigt. Ihre erste Strecke (Kreuz - Bromberg) wurde am 27. Juli 1851 eröffnet, im Jahre 1867 war der Bau der Hauptstrecke (913 km über Bromberg) vollendet. Später wurde ihr Netz durch die Angliederung vieler in ihrem Gebiet gelegener Hauptbahnen und den Bau von Nebenbahnen bedeutend vergrößert, bis 1895 auf 4833 km. In diesem Jahre wurde durch der Neuordnung der Staatseisenbahnverwaltung die “Königliche Direktion der Ostbahn” aufgelöst und der größte Teil ihrer Linien ging in die Bezirke der Eisenbahndirektionen Bromberg, Danzig und Königsberg über.
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Friedrich Wilhelm IV. - König von Preußen (1840 - 1858)
Im Königreich Preußen erkannte man unter der Regentschaft von König Friedrich Wilhelm IV. sehr schnell, welche Bedeutung das neue Verkehrsmittel Eisenbahn für die allgemeine Verkehrsentwicklung und die Erschließung - auch in den eher dünn besiedelten östlichen Gebieten hatte.
Nach der Eröffnung der ersten Eisenbahn in Preußen - Strecke Berlin - Potsdam im Jahre 1838 dauerte es nicht mehr lange, bis durch eine königliche Kabinettsordre auch der Bau der Ostbahn in den Teilabschnitten Küstrin - Bromberg - Dirschau genehmigt worden war.
Beim Bau der Strecke spielten die Revolutionsunruhen 1848 in Berlin und die herrschende Arbeitslosigkeit und zunehmende Verarmung der Bevölkerung eine wichtige Rolle. So kam man im Frühjahr 1848 in Regierungsstellen auf den Gedanken, aufsässige und arbeitslose Berliner aus der Stadt zu entfernen und beim Bau der Ostbahn auf dem Abschnitt Kreuz - Schneidemühl einzusetzen. (siehe auch Archiv)
Schon im Juni 1848 trafen die ersten Bauarbeiter in Dragebruch bei Kreuz ein. Bis September 1848 stieg deren Zahl bereits 1300 an. Sie mussten täglich 12 - 14 Stunden arbeiten und waren im Sommer in Erdhütten und im Winter bei den ortsansässigen Bauern in Ställen und Scheunen untergebracht. Die ersten Baubüros der Königlichen Commission für die Ostbahn entstanden in Filehne und Schneidemühl. Sie wurden aber 1849 in Schönlanke zusammengelegt. Obwohl die Fluktuation auf den Baustellen sehr hoch war und es ständig zu Reibereien und Unzufriedenheiten kam verliefen die Arbeiten doch recht zügig.
Am 26. Juli 1851 konnte der erste Abschnitt der Ostbahn von Kreuz über Schneidemühl nach Bromberg eröffnet werden. In Kreuz war die Strecke vorerst nur an die Strecke Stettin - Posen angebunden. Die Strecke von Kreuz nach Bromberg wurde von König Friedrich Wilhelm IV. eingeweiht, der in einem Sonderzug von Kreuz aus die Strecke bis Bromberg befuhr und auf allen Stationen freudig begrüßt wurde.
Im weiteren Verlauf des Ausbaues entstanden auf den Stationen Empfangs- und Abfertigungsgebäude für Personen- und Güterverkehr sowie die großen Bahnhöfe in Kreuz, Schneidemühl und Bromberg.
Der Bau der staatlichen Ostbahn erwies sich bald als Schritt in die richtige Richtung, wurde sie doch Bestandteil einer europäischen Verbindung von Paris über Berlin und Königsberg bis St. Petersburg.
Vom Bau und der Erweiterung der Ostbahn gingen spürbare Impulse für die Entwicklung der östlichen Gebiete des Königreiches aus, obwohl hier kaum Industrie vorhanden war.
Die Ostbahn entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer der wichtigsten Eisenbahnmagistralen Europas und zu einer der Hauptachsen des Ost-West-Verkehrs im Deutschen Reich. So fuhren auf ihr verschiedene internationale Schnell- und Luxuszüge wie zum Beispiel der legendäre Nord-Express. Der Erste Weltkrieg und der dadurch neu geschaffene polnische Korridor schuf immer wieder Probleme für den Transitverkehr auf der Ostbahn zwischen Deutschland und der ostpreußischen Exklave. Dennoch blieb sie bis zum Zweiten Weltkrieg die wichtigste Verkehrsachse Preußens und Deutschlands und eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen Europas. Am 22. Januar 1945 fuhr der letzte Zug von Königsberg nach Berlin, danach gab es bis heute keinen durchgehenden Eisenbahnverkehr mehr auf dieser Strecke.
Seit 1991 wird der Begriff der "Ostbahn" wieder benutzt, um Nostalgie- und Heimwehtouristen Bahnreisen anzubieten, die über Teile des damaligen Streckenverlaufs führen. Darüber wird auch in den Fotogalerien berichtet.
Nach den veränderten Grenzziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg bilden die Abschnitte der früheren Ostbahn nur noch häufig eingleisig betriebene Nebenbahnen in den jeweiligen Ländern. Viele einst wichtige internationale Bahnhöfe wie beispielsweise Eydtkuhnen existieren nicht mehr.
Der in Deutschland verbliebene Anteil von Berlin über Strausberg und Küstrin-Kietz zur polnischen Grenze ist heute eine größtenteils eingleisige, nichtelektrifizierte Hauptbahn. Sie gehört zum Tarifgebiet des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg und wurde bis 09.12.2006 von Zügen der DB Regio befahren. Seit dem 10.12.2006 findet ein Verkehr mit TALENT-Dieseltriebzügen der Niederbarnimer Eisenbahn AG statt. Die Strecke selbst wird vom Ostbrandenburg-Netz der DB Netz AG betrieben.
Der größte Teil der ehemaligen Preußischen Ostbahn liegt heute auf polnischem Gebiet wird teils als zweigleisige und teils als eingleisige, nichtelektrifizierte Strecke betrieben. Da die Streckenführung durch dünn besiedeltes Gebiet in großer Entfernung von städtischen Ballungsräumen verläuft, hat die Ostbahn hier nur noch eine sehr geringe Verkehrsbedeutung.
Die kurze Strecke von Kaliningrad ins litauische Kibartaj ist der einzige Teil der ehemaligen Preußischen Ostbahn, der auch heute noch eine wichtige Hauptverbindung ist. Er hat eine zentrale Bedeutung als Transitstrecke ins russische Kernland. Grenzbahnhof nach Litauen ist nun Nesterow (früher Ebenrode bzw. vormals Stallupönen), nachdem der ehemalige Bahnhof Eydtkuhnen vollständig demontiert und die dazugehörigen Gebäude abgerissen wurden. Der Streckenabschnitt vom polnischen Braniewo (früher Braunsberg) über den russischen Grenzbahnhof Mamonowo (ehemals Heiligenbeil) bis kurz vor Kaliningrad besitzt je ein Streckengleis in breiterer russischer und in schmalerer westeuropäischer Spurweite. Während das Breitspurgleis auf der traditionellen Streckenführung von Westen her den Kaliningrader Südbahnhof erreicht, wird das Normalspurgleis südlich um die Stadt herumgeleitet und erreicht heute den Bahnhof von Osten her.
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